Das frühzeitige Entdecken und Behandlung von Haltungsschäden und -fehlern des Bewegungsapparates sowohl was die Wirbelsäule als auch die Gelenke anbetrifft, ist eine Domäne in der kinder- und jugendorthopädischen Sprechstunde: Ein dementsprechender orthopädischer Basis-Check-up sollte im Neugeborenenalter, im Alter von einem Jahr, im Kindergartenalter von circa 3 Jahren, zum Zeitpunkt der Einschulung und im Übergang zum Jugendlichen im Alter von 12 bis 14 Jahren erfolgen. Eine notwendige Vorsorgeuntersuchung ist die Säuglingshüftsonografie des Neugeborenen, mit der man angeborene Schäden des Hüftgelenkes wie eine unzureichende Überdachung (die sogenannte Hüftpfannendysplasie) oder gar eine Auskugelung (die sogenannte Hüftluxation) sicher erkennen und frühzeitig behandelt meistens ohne operative Maßnahmen heilen kann.
Sämtliche orthopädische Vorsorgeuntersuchungen werden von der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung übernommen. Ob hierbei eine Gelenkachsenfehlbildung wie ein O-Bein oder ein X-Bein oder eine Fußdeformität wie der häufig vorkommende kindliche Knicksenkfuß nur eine Abweichung von der Norm darstellt, die weiter beobachtet und kontrolliert werden sollte, oder ob sich bereits eine behandlungsbedürftige Erkrankung ergibt, ist eine fachorthopädische Entscheidung.
Ein besonderer Augenmerk gilt den Wirbelsäulenerkrankungen: Hierbei muss treffsicher entschieden werden, ob es sich bei einer augenscheinlich „verbogenen“ oder „schiefen“ Wirbelsäule nur um einen Haltungsfehler handelt, der meist durch aktives Aufrichten korrigierbar ist, oder ob es eine fixierte Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung) oder Kyphose (Rundrückenbildung) ist, die nicht mehr durch aktive Korrektur der Haltung zu beseitigen ist. Die Entscheidung dieser wichtigen Differentialdiagnose und das sich daraus ergebende Behandlungsschema (regelmäßige klinische und Röntgenkontrollen, Krankengymnastik, Korsettbehandlung u.a. je nach Schweregrad der Erkrankung) obliegen ebenfalls dem orthopädisch versierten Facharzt.
Häufig kommen Kinder und Jugendliche mit heftigen Gelenkbeschwerden oder mit „dollen“ Rückenschmerzen, muskulären Verspannungen oder Kopfschmerzen in unsere Praxis: Die meisten dieser Krankheitsbilder sind harmlos, stellen sich sehr häufig also sogenannte „funktionelle Störungen“heraus, sogenannte Blockaden im Bereich der Gelenke oder der Wirbelsäule, die häufig bei Wachstumsschüben vorkommen und die sich meist sehr gut durch manuelle oder Chirotherapie beseitigen lassen. Gelegentlich sind auch osteopathische Behandlungen sinnvoll, wobei de Praxisinhaber eine zusätzliche kinderosteopathische Ausbildung nachweisen kann. Zuallererst ist jedoch v.a. bei Beschwerden, die hartnäckig sind und länger andauern, eine gezielte fachorthopädische Untersuchung erforderlich um kinder- und jugendalterstypische Krankheitsbilder auszuschliessen, die eine weiterführende radiologische Diagnostik und gezielte orthopädische Behandlung benötigen: Als einige wenige Beispiele unter vielen seien im Kleinkindalter der sogenannte „Hüftschnupfen“ (Coxitis fugax), im Kindesalter die Durchblutungsstörung der Wachstumszone des Hüftkopfes (Morbus Perthes) oder der Wachstumsfuge des Hüftkopfes zu Beginn der Pubertät (Epipyhsiolysis) sowie in der Pubertät der Morbus Schlatter (Wachstumsstörung am Kniegelenk) und aus dem Bereich der Wirbelsäule der Morbus Scheuermann (Wachstumsstörung der Grund- und Deckplatten der Wirbelkörper) genannt.
Aber auch das Erkennen von seltener vorkommenden Erkrankungen, wie z.B. rheumatisch bedingte Gelenkentzündungen, die bei Kindern und Jugendlichen meist nur ein bis sehr wenige Gelenke befallen, oder orthopädische Erkrankungen, die erst durch ein Röntgenbild oder eine MRT-Untersuchung auffällig, ist Aufgabe des im Kinder- und Jugendbereich erfahrenen Orthopäden.
Die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit komplexen Mehrfachbehinderungen aus dem neuroorthopädischen Fachbereich bzw. mit orthopädischen Systemerkrankungen, die eine intensive über viele Jahre dauernde mit anderen ärztlichen Fachgebieten übergreifende Betreuung erfordern, stellt für unsere Praxis immer wieder eine besondere aber, auch in enger Zusammenarbeit mit den Eltern, eine schöne Herausforderung dar.